Einstieg in die Musikbranche
Traumberuf oder Albtraumjob?
Sweet dreams are made of this
Der Traum vom Leben im Musikbusiness
Im tosenden Applaus von zehntausenden Menschen auf den größten Bühnen der Nation baden.
Die Termine der Newcomer von morgen managen und im Tourbus aus dem Koffer leben.
Das Hobby zum Beruf machen und damit auch noch den Lebensunterhalt verdienen.
Verlockend ist die Musikbranche aus diversen Gründen.
Mit einem Studium kann der erste Schritt zum Traumberuf getan sein, aber ein Rezept für einen guten Karrierestart gibt es nicht. Der Einstieg ist selten einfach, denn die Konkurrenz schläft nie und die Kritik erst recht nicht - und wer in der Öffentlichkeit steht, ist mit beidem ständig konfrontiert.
Eine Nebenwirkung des Berufs Künstler:in ist natürlich, dass man auch immer einen sehr privaten Teil von sich preisgibt, sobald man seine Kunst in welcher Form auch immer auf eine öffentliche Plattform bringt, was die nicht immer konstruktive Kritik, mit der man sich auseinandersetzen muss, besonders hart machen kann.
Und das ist nur eine von vielen Schwierigkeiten, mit der angehende Berufsmusiker:innen und zukünftige Angehörige der Branche zu kämpfen haben, denn sie hat ihre Schattenseiten, zu denen beispielsweise Sexismus, Rassismus, Homophobie und jede andere Art von Intoleranz gehören.
Ich habe Menschen kennengelernt, die sich entschieden haben, Musik zu ihrem Beruf zu machen und am Anfang ihrer Karriere stehen, und Menschen, die in der Branche schon zum Inventar gehören. Sie haben mir von ihren Träumen, Zielen und ihrem Leben erzählt - und von den Steinen, die in ihrem Weg liegen.
Well this is how we do hits
Berufe in der Musikbranche
Die Musikindustrie umfasst neben dem Greifbarsten - nämlich den Künstler:innen, die auf der Bühne stehen - noch diverse weitere Bausteine, aus denen sich die Branche zusammensetzt. Aber wie funktioniert dieses System? Im Folgenden möchte ich kurz auf die wichtigsten Komponenten im System Musikindustrie eingehen und ihre Zusammenhänge erläutern.
Künstler:innen und Musikproduzent:innen
Das Offensichtlichste zuerst: Künstler:innen komponieren Musik und schreiben Texte, die sie dann auf Alben veröffentlichen und live performen. Musikproduzent:innen unterstützen die Künstler:innen bei der Entstehung von Songs, sorgen für einen soundlichen Wiedererkennungswert und kümmern sich um qualitativ hochwertige Aufnahmen.
GEMA und Musikverlage
Wer Musik und Texte schreibt, hat automatisch das Urheberrecht an seinem Werk. Dieses kann nicht auf Dritte übertragen werden und erlischt erst 70 Jahre nach dem Tod. Die GEMA vertritt die Interessen der Künstler:innen indem sie für Komponist:innen, Texter:innen und Musikverlage Lizenzgebühren einsammelt und diese am Jahresende an die Urheber ausschüttet. Professionelle Künstler:innen müssen sich also bei der GEMA anmelden, um Vergütung für Live-Aufführungen, physische Vervielfältigungen ihrer Musik (z.B. auf CDs) sowie Ausstrahlung und Verkauf der Werke im Radio, Fernsehen oder im Internet zu erhalten.
Musikverlage können die Verwaltung des Urheberrechts übernehmen und kümmern sich zum Beispiel um Lizenzvergaben. Der Deutsche Musikverleger-Verband beschreibt die Haupteinnahmequellen der Verlage und ihrer Autoren wie folgt:
- Die Lizenzierung von Aufführungsrechten (d.h. die Rechte, eine Komposition aufzuführen - z. B. als Konzert, im Radio, Fernsehen, in Kinos oder Diskotheken)
- Die Lizenzierung der Autoren- und Verlagsrechte im Rahmen der Zurverfügungstellung der Komposition an die Öffentlichkeit (z.B. für Download oder Streaming)
- Die Lizenzierung von mechanischen Rechten (d.h. das Recht zur Vervielfältigung von Kompositionen - z.B. auf Tonträgern)
- Die Lizenzierung von Synchronisationsrechten (d.h. das Recht zur Verknüpfung einer Komposition mit visuellen Bildern – z.B. Kinofilm oder TV-Werbung)
- Die Herstellung und Lizenzierung des graphischen Rechtes (d.h. das Recht Notendrucke selbst herzustellen und zu verkaufen - z.B. in Form von Notenausgaben oder die Lizenzierung von Abdruckrechten für Liedtexte)
Labels (Plattenfirmen)
Die Plattenfirmen nehmen Künstler:innen unter Vertrag und kümmern sich um Marketing, Promotion und Vertrieb. Man unterscheidet zwischen Major- und Independent-Labels - die drei Major-Labels sind Sony Music Entertainment, die Warner Music Group und die Universal Music Group. Die Bezeichnungen "Plattenfirma" und "Label" werden häufig gleichbedeutend verwendet, was sie aber nicht sind: Eine Plattenfirma kann mehrere Labels unterhalten, um z.B. Musik aus unterschiedlichen Genres unter verschiedenen Namen an die Kundschaft zu bringen.
Musikjournalist:innen und Musikredaktionen im Radio
Musikjournalist:innen bemustern Musik und können teilweise bereits vorab über Neuerscheinungen berichten, gehen auf Konzerte und schreiben Kritiken. Die Musikredaktionen beim Radio entscheiden mit über die Programgestaltung des Senders indem sie sich um die Musikzusammenstellung kümmern.
Managements
Die Berufe im Musikmanagements sind vielfältig:
Künstler:innenmanager:innen sind die Schnittstelle zwischen der kreativen und der wirtschaftlichen Welt in der Musikindustrie. Sie kennen sowohl ihre Künstler:innen als auch deren Zielgruppe sehr gut und unterstützen das „Daily Business“: koordinieren z.B. Termine, begleiten Künstler:innen zu wichtigen Angelegenheiten wie Interviews oder kümmern sich um Verträge.
Bookingagenturen kommunizieren mit Veranstaltern und organisieren Konzerte und Tourneen.
Ein:e Produktmanager:in unterstützt Künstler:innen beim Aufbau einer eigenen Markenidentität und um Vertrieb und Marketing, z.B. im Radio, Fernsehen und auf Social Media.
A&R-Manager (Artist & Repertoire) arbeiten als Talentscouts und suchen die Newcomer von morgen, außerdem entwickeln sie gemeinsam mit den Künstler:innen die musikalische Vision. Auch die bereits genannten Musikverleger gehören zum Feld des Musikmanagements.
Produkt- und A&R-Manager:innen gehören zum Label und vertreten somit auch die Interessen der Plattenfirma, bei der die Künstler:innen unter Vertrag sind.
Wie viele Manager:innen tatsächlich für eine:n Künstler:in arbeiten, kommt auf den Status an: Am Anfang der Karriere werden die Aufgaben zunächt alle vom Act selbst oder vom Künstler:innenmanagement übernommen, sobald sich das Team erweitert, entstehen die einzelnen Positionen.
Money for nothing and the chicks for free
Mit Musik Geld verdienen
Wenn man sich seiner Kunst ganz verschreibt, und es schafft, nur mit der eigenen Musik sein Geld zu verdienen, dann geschieht das auf verschiedenen Wegen. Hier muss man zunächst verstehen, welche Rechte jemand an seinem künstlerischen Output erwirbt.
Urheberrecht
Wer Texte und Kompositionen verfasst, hat davon die Urheberrechte - auch wenn er sie nicht selbst performt. Wenn Dritte die in irgendeiner Form nutzen möchten, müssen die Nutzungsrechte durch Lizenzen an sie übertragen werden. Dafür bekommt der Urheber Geld. Wenn sich der Urheber nicht selbst darum kümmern möchte, kann er einen Musikverlag beauftragen, der solche Lizenzen ausstellen kann. Wenn die Musik öffentlich gespielt wird, zum Beispiel in einem Café, im Radio oder gecovert bei einem Live-Konzert, muss das an die GEMA gemeldet werden, die dann Geld dafür kassiert. Dieses Geld wird am Jahresende an den bei der GEMA gemeldeten Urheber ausgeschüttet.
Leistungsschutzrecht
Wenn jemand jetzt einen Song im Studio einsingt, erhält er dafür ein Leistungsschutzrecht. Er bekommt dafür Geld aus der Erst- und Zweitverwertung des Songs. Die Erstverwertung ist der direkte Verkauf der Musik, zum Beispiel als CD oder Download. Darum kümmert sich das Label, bei dem Der Künstler oder die Künstlerin unter Vertrag steht. Die Zweitverwertung ist dann die öffentliche Wiedergabe des Songs, also zum Beispiel im Radio. Das muss nämlich nicht nur an die GEMA gemeldet werden, sondern auch noch an die GVL, die Verwertungsgesellschaft für Künstler und Labels. Auch hier wird Geld eingesammelt, dass dann an die Künstlerin oder den Künstler sowie das Label ausgezahlt wird.
Wir fassen also zusammen:
Die GEMA vertritt Textschreiber:innen und Komponist:innen mit ihren Urheberrechten, teilweise mithilfe eines Musikverlags.
Die GVL vertritt ausübende Künstler:innen und Hersteller von Tonträgern.
Das Label kümmert sich um das Geld, das ein Act für den direkten Verkauf der Musik bekommt.
Oldschool: Die CD
Jetzt gehen wir aber nochmal einen Schritt zurück und schauen uns den Punkt Erstverwertung an - also den Verkauf eines Songs, beispielsweise als CD oder Download.
Wenn man von einem Preis von 15€ für ein Album auf CD ausgeht, könnte man zunächst meinen, dass man als Durchschnitts-Musiker:in davon eigentlich gut leben können müsste. Aber diese 15€ landen nicht beim Interpreten oder der Interpretin alleine, auf der Rechnung stehen neben Künstler und Label auch noch der Produzent, die GEMA, Herstellung, Vertrieb und Handel, sowie die Steuer.
Die Verteilung der Prozentsätze schwanken je nach Quelle recht stark, deshalb werde ich hier keine Zahlen nennen. Viele Statistiken, die solche Zahlen erheben, kommen nämlich von Verbänden der Labels und nicht der Künstler:innen, genaue Angaben zu Quellen lassen sich schwer finden und Zahlen von offiziellen Stellen sind teilweise 10-15 Jahre alt. Außerdem sieht natürlich nicht jedes Vertragsverhältnis gleich aus und einige Künstler:innen übernehmen mehr Aufgaben selbst als andere, aber fest steht: Als Newcomer:in kann man von diesem Prozentsatz sicher nicht leben. Die CD hat außerdem ihre besten Zeiten längst hinter sich: Während sie in ihren besten Zeiten im Jahr 1997 in Deutschland für einen Branchenumsatz von 2.308,5 Mio € sorgte, waren das 2020 nicht einmal mehr 500 Mio €. Für den größten Umsatz ist mittlerweile - Überraschung - Streaming verantwortlich.
Geld für Klicks: Streamingdienste
Beim Musik-Streamen scheiden sich die Geister. Zwar ist es eine gute Möglichkeit, um von der Musikpiraterie wegzukommen - Stichwort gebrannte CDs - zum großen Reichtum bringen die Plattformen die meisten Künstler:innen trotzdem nicht. Immer mehr Menschen, Künstler:innen wie Konsumenten, boykottieren Spotify, Apple Music und Co während die Plattformen trotzdem weiter wachsen. Wer seine Musik aus Protest nicht online anbietet, nimmt sich die größte Bühne, auf der man aktuell gehört werden kann. Aber wieso ist Streaming überhaupt so ein konroverses Thema?
Das Schaubild stammt aus einer Studie, die von der GEMA in Auftrag gegeben wurde und von Goldmedia im Zeitraum von April bis August 2022 durchgeführt wurde. Es geht um die Erlössituation im deutschen Musikstreamingmarkt - also darum, wer am Streaming wie viel Geld verdient.
Wie man sehen kann, kommt bei den Interpret:innen lediglich ein kleiner Teil des Geldes an, von den 9,99€, die ein Einzel-Abo durchschnittlich kosten, gerade einmal knapp 1€. Doch nicht nur die Künstler:innen, die die Songs veröffentlichen, bekommen nur ein kleines Stück vom Kuchen: bei den Urheber:innen der Musik, also Komponist:innen und Texter:innen kommt sogar noch weniger Geld an, nämlich ungefähr 80 Cent. Das wird nicht nur von der GEMA kritisiert, die die Interessen der Urheber:innen vertritt:
"Ich habe es immer als ungerecht, unfair und offen gesagt unmoralisch empfunden, dass die Person, die am Anfang des Prozesses steht, der Songwriter oder Komponist, eine so untergeordnete Rolle spielt, wenn es um Rechte und Vergütung geht."
Von den im Rahmen der Studie befragten GEMA-Mitglieder geben 89% an, mit der Vergütung, die Musikschaffende aus dem Musikstreaming erhalten, nicht zufrieden zu sein.
Bei der Mitgliederversammlung der GEMA im Mai 2022 wurde ein 11-Punkte-Plan vorgestellt, der für mehr Fairness, Transparenz und Nachhaltigkeit im Musik-Streaming-Markt sorgen soll, Punkte auf dieser Liste sind unter Anderem, die Verteilungsmodelle offen zu diskutieren, Streaming transparenter zu gestalten sowie auch kulturelle Nischen zu fördern. Ein weiterer Punkt, der dafür sorgt, dass es vor Allem kleine Künstler:innen und Newcomer schwer haben, mit ihrer Musik Geld auf Streamingplattformen zu verdienen, sind nämlich die Algorithmen, die laut dem GEMA-Vorstandschef Harald Heker ältere, kommerziell erfolgreiche Musik bevorzugen.
„Wenn Streaming-Plattformen die Marktplätze der Zukunft sind, müssen die Marktregeln für alle transparent sein“
Dazu kommt, dass bei den meisten Streamingdiensten das Geld, was Nutzer:innen zahlen, in einem Topf landet und dann klickzahlenabhängig ausgeschüttet wird. Als angehört gilt ein Song ab 30 Sekunden Spielzeit. Die Folge davon: Das Geld, was die zahlenden Nutzer:innen ausgeben, landet nicht direkt ausschließlich bei den Künstler:innen, die sie auch tatsächlich hören, außerdem ist dieses System betrugsanfällig: Bots können unnatürlich viele Klicks generieren, indem sie in Dauerschleife die ersten 30 Sekunden eines Songs abspielen.
Beispielsweise bei Soundcloud ist das anders: Hier setzt man auf das sogenannte benutzerzentrierte Bezahlugsmodell. Das bedeutet, das Geld, was jemand für sein Abo bezahlt, wird ausschließlich auf die Künstler:innen aufgeteilt, die vom entsprechenden Account gestreamt wurden. Im Rahmen des Rechercheprojekts „Clouds & Concerts“, das von 2010 bis 2013 am Institut für Musikwissenschaft der Universität Oslo durchgeführt wurde, wurden die verschiedenen Bezahlungsmodelle analysiert, das Ergebnis war, dass benutzerzentrierte Bezahlungsmodelle kleinen Künstlern zugute kommen würden.
Ob Streamingdienste irgendwann so funktionieren, dass sich jeder fair bezahlt fühlt, und wenn ja, wann das passiert, weiß niemand. Auf die produzierte Musik - ob plastisch als CD oder online auf Streamingplattformen - kann man sich also als kleine:r oder mittelgroße:r Künstler:in kaum verlassen, wenn es um den Lebensunterhalt geht.
Über Geld spricht man nicht, Geld hat man
Aber wie kommt denn der Künstler jetzt genau zu seinem Brot? Auch Silke Stuck hat für die Süddeutsche Zeitung diese Frage gestellt und keine direkte Antwort von den Angehörigen der Branche bekommen, niemand will detailliert über seinen Geldbeutel sprechen. Aber mithilfe eines Musikexperten, der anonym bleiben möchte, konnte eine Grafik erstellen, die das Geschäft in Etwa abbilden soll:
Die beiden bisher aufgeführten Faktoren machen also laut dieser Grafik nur in Etwa ein Drittel der Einnahmen aus. Neben dem Verkauf von Lizenzen für die Nutzung in der Werbung und in Kinofilmen sowie Einnahmen aus der Zweitverwertung bleiben zwei Faktoren übrig: Live-Konzerte, die früher haupsächlich der Promotion dienten, machen einen großen Teil der Einnahmen aus, genauso wie Merchandising. Künstler:innen machen sich also gewissermaßen selbst mit zum Produkt, für das bezahlt wird.
"Was wir machen, hieß nie Musik - nicht gestern, nicht heute, nicht morgen. Es hieß immer Musik-Business.“
Wondering if I'd get there quicker if I was a man
Geschlechterverteilung und Sexismus
Die Zeit in der wir leben, steht im Zeichen von Diversity und Gleichberechtigung, gleiche Bezahlung ist endlich ein Thema, über das gesprochen wird und auch wenn Gendern laufend rauf und runter diskutiert wird, ist es inzwischen weitestgehend in den öffentlichen Sprachgebrauch der Medien integriert. Doch führt all das tatsächlich zu wahrer Gleichberechtigung? Ich habe meine Interviewpartner:innen gefragt, ob sie Erfahrungen mit dem Thema Sexismus gemacht haben.
Hast du Erfahrungen mit dem Thema Sexismus gemacht?
Da es um ein sehr heikles Thema geht, das schnell zu Spekulationen verleiten kann habe ich mir Hilfe geholt, um dieses Kapitel zu erschließen und mit Katharina Schmidtmann gesprochen.
Sie ist Professorin für Soziologie, erforscht Geschlechterverhältnisse und verschiedene soziale Ungleichheiten und heißt eigentlich anders - aufgrund der häufigen Anfeindungen von Genderforscher:innen möchte sie lieber unerkannt bleiben. Ich habe sie gebeten, verschiedene Zusammenhänge aus soziologischer Perspektive einzuordnen und zu erklären.
„Wir wissen auf jeden Fall, wenn weibliche Personen in der Minderheit sind, dass das die Auswirkung hat, dass sie tatsächlich grundsätzlich nicht ernst genommen werden.“
Mehrere der Frauen, mit denen ich gesprochen habe, erzählen, dass sie häufig das Gefühl haben, Extrameilen gehen zu müssen, um an den gleichen Punkt wie männlich gelesene Kollegen zu kommen. Das äußert sich vor Allem in dem Phänomen, was Schmidtmann beschreibt, dass man als Frau weniger ernst genommen wird:
„Weil ich als junge, vor Allem junge Frau in dieser Branche oft, ja oft mir was anhören muss oder oft nicht ernst genommen werde, ich hab das Gefühl, ich muss mir sehr viel hart erarbeiten und das ist total ok und das ist total fair, nichtsdestotrotz seh ich halt wie´s Kollegen oftmals viel leichter fällt.“
„Da hab ich schon auch oft die Erfahrung gemacht, natürlich gerade mit Männern älteren Alters, dass da so ein bisschen was arrogantes, manchmal was sehr distanziertes, also was nicht sehr zugewandtes von der anderen Seite kam, wo ich oft das Gefühl hatte, wenn ich jetzt ein Mann wäre und 20 Jahre älter, dann müsste ich mich nicht so bemühen.“
„Ich merk auch dass mir einfach weniger Kompetenz zugetraut wird, also ich werd öfter unterbrochen, meine Ideen werden belächelt, solche Sachen passieren schon mit einer ziemlichen Häufigkeit.“
Buddy-Business
Weiter gedacht führt dieses Nicht-ernst-Nehmen auch dazu, dass Männer häufig unter sich bleiben, sich gegenseitig unterstützen und Frauen außen vor bleiben.
„ Auch das kennen wir aus anderen Erwerbsbereichen, dass es so männerbündische Zirkel gibt, und es ist genau so: Mann trifft sich dann abends in der Kneipe und vernetzt sich eigentlich nur. Da passiert eventuell garnicht viel inhaltliches. Aber vielleicht kommt es auch zu kleineren inhaltlichen Absprachen, und alle, die da nicht dabei sind, die sind raus.“
Es gibt zwar bereits viele Netzwerke speziell für Frauen, die dem Kontakte knüpfen dienen und speziell weiblich gelesene Personen unterstützen, Celina wünscht sich aber, dass die Branche insgesamt offener wird.
„Ich würde mir einfach wünschen, dass es kein klassisches Buddy-Business ist, sondern ein Human Business und wir holen halt auch Frauen mit rein, und wir machen das ein bisschen diverser.“
Das Problem mit dem Altern
Viele Frauen und weiblich gelesene Personen, die auf einer öffentlichen Bühne stehen, nehmen außerdem noch ein weiteres Problem wahr, was sie im Laufe ihrer Karriere beeinträchtigen könnte - das Altern. Anti-Aging-Skincare-Produkte für Frauen nehmen in Drogeriemärkten und so manchem Badezimmer ganze Regalwände ein, Serien wie How I Met Your Mother vermitteln dass Frauen über 30 entweder eklig oder zur Milf werden und die Stichelei „Für ihr Alter sieht sie aber noch echt gut aus“ wird als Kompliment aufgenommen, denn wer nicht einen Alterungsprozess wie Hilary Duff hat, traut sich teilweise kaum, sein Gesicht ungeschminkt oder ohne Filter der Öffentlichkeit zu präsentieren. Bei Männern ist das anders. Da ist es mit dem Alter wie bei dem Wein - es kann nur besser werden.
„Das ist so dieser George Clooney Effekt, so nenn’ ich das jetzt mal.“
Aber Spaß beiseite: Natürlich machen sich auch Männer Gedanken ums Altern und nicht jede Frau lässt sich davon beeinflussen, trotzdem dürfen diese Sorgen nicht außer Acht gelassen werden.
All diese Punkte, die viel mit Stereotypen zu tun haben, führen zu einer Liste an sichtbaren Problemen, die dafür sorgen, dass das Musikbusiness auch heute noch so männerdominiert ist. Wirft man zum Beispiel einen Blick auf die LineUps der großen deutschen Festivals, wird jedem klar: es besteht großer Nachholbedarf.
„Bei Rock am Ring hat das Bier mehr Prozente als der Frauenanteil.“
Rock am Ring
Rock am Ring ist das wohl bekannteste Rock-Festival in Deutschland. Nachdem es bereits im letzten Jahr wegen der niedrigen Frauenquote in der Kritik stand, machte es dieses Jahr schon wieder Schlagzeilen: Nämlich wegen der Aufnahme der Metal-Band Pantera ins LineUp, die in der Vergangenheit wegen rassistischem Verhalten des Frontmans Philip H. Anselmo auffiel. Pantera wurde inzwischen wieder aus dem LineUp gestrichen.
Parookaville
Das Parookaville gehört mit seinen 225.000 Besuchern zu den größten Festivals in Europa. Es wirbt damit, dass auf mehr als 10 Bühnen über 300 DJs spielen - auf dem Werbeplakat mit dem LineUp tauchen gerade einmal 9 Frauen auf.
Highfield
Würde man alle rein männlich gelesenen Acts aus den LineUps streichen, würde nicht mehr viel übrig bleiben, die meisten Festivals müssten komplett ohne Headliner auskommen. Beim Highfield Festival im Landkreis Leipzig ist es besonders extrem: Der Frauenanteil lag hier 2022 bei gerade einmal 3,6%. Dass es auch anders geht, zeigen andere Festivals: Beim Melt-Festival in Ferropolis lag die Frauenquote im letzten Jahr bei 42,62%, beim Tempelhof Sounds in Berlin waren sogar mehr als die Hälfte der Acts weiblich.
„Also, da muss man ja leider sagen, gerade was Livemusik betrifft, ich mein, den Skandal hat´s ja gegeben, sowieso, dass es Festivals und LineUps von Festivals gab, wo garkeine Frau dabei war“
Auch in den Charts herrscht kein Gleichgewicht: In den deutschen Top 100 Jahrescharts waren 2022 183 verschiedene Künstler:innen vertreten, Solo, als Feature oder in einer Band. Davon waren 150 männlich gelesen und 33 weiblich gelesen, das entspricht gerade einmal einem Anteil von 18%. Am stärksten vertreten sind Männer, die alleine Musik machen.
Aber woran liegt es denn nun, fehlt vielleicht der Nachwuchs?
„Was die Popakademie betrifft, in den Musikbusiness-Studiengängen haben wir vor Allem auf der Studierendenseite absolute Parität mit einem leichten Überhang bei den Frauen, das gilt für die künstlerischen Studiengänge noch nicht, da sind wir ungefähr bei 30%. Wir haben aber im letzten Jahr eine Keychange-Pledge unterschrieben, zum Beispiel indem wir in den nächsten 7 Jahren diese Dinge verbessern wollen“
Keychange ist eine vom Reeperbahn-Festival ins Leben gerufene Initiative, die laut eigener Beschreibung „auf eine Umstrukturierung der Musikindustrie hinarbeitet, um eine vollständige Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen“. Gemeint ist damit zum Beispiel eine 50/50-Verteilung auf Festivals, die das Reeperbahn-Festival selbst bereits 2021 erreicht hat.
Teil der Initiative ist die Keychange-Pledge, die bereits über 600 Mal unterschrieben wurde. Wer unterzeichnet, verpflichtet sich dazu, ein Geschlechtergleichgewicht zu erreichen. Außerdem unterstützt Keychange jährlich 74 Künstler:innen und Innovator:innen, die Frauen sind oder einer Gender-Minderheit angehören, im Rahmen eines umfassenden Talententwicklungsprogrammes.
Talente fördern und an Hochschulen, auf Festivals und in Veranstaltungshallen für eine höhere Frauenquote zu sorgen ist sicherlich ein guter Weg, Mele ist aber der Meinung, man muss dieses Problem noch viel früher anpacken:
„Ich glaube dass das der Schlüssel ist, einfach auch schon in der Kindheit weiblich gelesenen Personen anzubieten, hey, guck mal, es gibt nicht nur Blockflöte, es gibt auch Schlagzeug, schau mal, es gibt nicht nur, keine Ahnung, Klavier, sondern du kannst auch ne E-Gitarre spielen.“
Gesellschaftliche Stereotype schränken Frauen nämlich darin ein, sich frei zu entfalten, und das zu tun, worauf sie Lust haben:
„Es gibt zu wenige Producerinnen, es gibt eigentlich von allem zu wenig, es gibt überhaupt keine Tontechnikerinnen, ich hab in meinem Leben noch keine Tontechnikerin kennengelernt, es gibt wirklich super wenige Mixerinnen, Masterinnen, so, es gibt quasi keine Gitarristinnen, es gibt quasi von Allem sehr wenig, beziehungweise wenig, was sichtbar ist.“
„In der Soziologie sprechen wir von dem Zwei-Geschlechter-System, was eben ganz stark bedingt, dass Menschen eben entweder oder eingeordnet werden, und mit dieser Einordnung sind gleich ganz viele Dinge verbunden, Voreinnahmen verbunden, was Fähigkeiten, was Interessen angeht, Verhaltensweisen und so weiter. (…) Es gibt eben immer diese Vorannahme, dass weiblich gelesene Personen nicht technikaffin seien, dass sie kein Interesse an Technik haben, bis dahin dass sie keine technischen, mathematischen Fähigkeiten hätten, um überhaupt so einen Beruf zu bewältigen.“
Gleichzeitig führt beispielsweise die gesellschaftliche Erwartung, dass eine Frau Familie gründen und ein Mann Karriere machen muss dazu, dass nach wie vor in den Führungspositionen aller Bereiche innerhalb der Branche mehr Männer als Frauen vertreten sind. Das Problem:
„Man fördert nicht nur männerdominierte Positionen, sondern man fördert auch so ein richtig altes, schlimmes Rollenbild, weil Männer sollen eigentlich auch die Möglichkeit haben, Teilzeit zu arbeiten oder Elternzeit zu nehmen, und all das, und auch diese Modelle gibt´s dann natürlich nicht.“
„Da ist eine Perspektive auf jeden Fall auch Familiengründung, die wird sicher auch an weiblich gelesene Musiker:innen herangetragen. Diese Idee, dass eigentlich jede weiblich gelesene Person einen Kinderwunsch haben müsste und eigentlich auch Familie gründen sollte. Und Karrierefrauen, das wissen wir aus anderen Forschungen immernoch, werden, vor allem wenn sie kinderlos sind, als schwierig wahrgenommen oder dass sie ihre gesellschaftlichen Aufgaben nicht erfüllen. Ich könnte mir vorstellen, dass das tatsächlich ein Thema ist, was auch weiblich gelesene Musiker:innen umtreibt."
Dass diese Stereotype weiter bestehen, kann auch Udo Dahmen bestätigen, allerdings nimmt er in den letzten Jahren auch einen Wandel wahr:
„Auf der einen Seite das Stereotyp, was wir alle kennen, eine Frau, fünf Männer, oder eine Frau, vier Männer, das gibt´s nach wie vor, aber gleichermaßen auch Bands, in denen die Frauen komplett das Heft in der Hand haben, was man eben aber auch für die Songwriterinnen genauso sagt und sagen kann, weil da auch die weiblich gelesenen Personen natürlich die Bands so zusammenstellen, wie sie sich das selbst vorstellen.“
Er erzählt auch, dass immer mehr Frauen in den Bereichen elektronische Musik und Producing als auch im HipHop vertreten sind.
Hörgewohnheiten
Nun muss man auch noch anmerken, dass das schon immer bestehende Ungleichgewicht natürlich auch einen Einfluss auf die Hörgewohnheiten der Gesellschaft nimmt. Wie äußert sich das?
Ich habe eine Umfrage durchgeführt, in denen ich Personen zu ihrem Musikhörverhalten befragt habe. Die Ergebnisse sind eindeutig:
Obwohl auf die Frage, ob sie sich bereits Gedanken über Gleichberechtigung in der Musikbranche gemacht hätten, 78 von 183 Personen mit „Ja“ antworteten, gab mehr als die Hälfte der Teilnehmenden an, eher männlich gelesene Personen zu hören. Etwa die Hälfte der Befragten glaubt, mit dem eigenen Hörverhalten die Gleichberechtigung in der Musikbranche beeinflussen zu können.
„Als Soziologin würde ich vermuten, dass Hörgewohnheit sehr stark gesellschaftlich bedingt ist. Auch was da als gute Musik wahrgenommen wird. Und manchmal dann auch das Erstaunen, wenn eine weiblich gelesene Sängerin sehr erfolgreich ist. (…) Ich glaube, es ist nicht einfach (Hörgewohnheiten zu ändern), weil das tatsächlich auch strukturell bedingt ist. Wir haben nach wie vor patriarchalische Strukturen und Männlichkeit ist immer noch mit unglaublich vielen Privilegien verbunden und auch mit einer Annahme von Expertise. Ich vermute, das ist in der Musikbranche genauso.“
Auch wenn sich also bereits viel getan hat: Um bestehende Strukturen aufzubrechen, braucht es viel Zeit und noch mehr Kraft, und bis zur absoluten Gleichberechtigung in der Musikbranche, ist es vermutlich noch ein langer Weg.
„Es ist so, du musst viel, du musst härter irgendwie kämpfen, du musst dich öfter mal rechtfertigen, du wirst öfter nicht ernst genommen, und deswegen ist es glaub ich, sind viele Frauen einfach abeschreckt in dieser Branche Fuß zu fassen. Einfach weil es so krass noch männerdomiert noch ist, so. Und man immer noch eine Extrameile gehen muss. Und viele haben dafür nicht die Kraft, und dass kann ich voll und ganz verstehen.“
Only the strong survive
Psychische Belastungsfaktoren und Drogenmissbrauch
Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain, Amy Winehouse. Sechs Musiker:innen mit Weltpublikum, einem exzessiven Lebensstil - und einem frühen Tod. Der Club 27, unter diesem Namen werden die jung verstorbenen Künstler:innen zusammengefasst, wird in den Medien auf eine morbide Art romantisiert.
„Es ist mir aufgefallen, dass die Qualität meiner Texte und meiner Musik gesunken ist, seitdem ich fröhlicher geworden bin.“
Tatsächlich scheint es ein Gen zu geben, das sowohl mit der Krankheit Schizophrenie in Verbindung gebracht wird, als auch die Kreativität zu beeinflussen scheint. Wissenschaftler haben außerdem einen Zusammenhang zwischen musikalischem Engagement und psychischen Problemen gefunden. Der Schluss, dass psychisch kranke Menschen bessere Songs schreiben, ist also nicht komplett an den Haaren herbeigezogen, aber auch gefährlich: Wenn man die Erkrankungen nicht als tatsächliche Probleme der Betroffenen ernst- und wahrnimmt, sondern deren Existenz als Teil ihrer Identität, als Grundlage für ihr Werk wertet, wird die psychische Gesundheit der Künstler:innen schnell zum Kollateralschaden.
„Es ist schon einfacher, einen Song zu schreiben, wenn es dir nicht gut geht. Man ist verletzlicher, die Songs sind rauer. Viele Leute hören so etwas gerne. Aber ich glaube nicht, dass wir das romantisieren sollten.“
Psychische Krankheiten sind nicht nur nur bei Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, weiterhin ein Tabuthema, aber bei diesen kommt ein immenser Leistungsdruck hinzu: Das Label will ein neues Album sehen, Fans erwarten Top-Performances bei Konzerten, je höher das öffentliche Interesse, desto weniger Privatleben und Privatsphäre sind möglich. Öffentlich über die eigenen Probleme zu sprechen kann für mehr Sichtbarkeit in der Gesellschaft sorgen und ist inzwischen auch üblicher als noch vor 20 Jahren. Allerdings macht man sich damit auch verletzlich, deshalb entscheiden sich viele Menschen nach wie vor dafür, Privates privat zu lassen.
Trotzdem sind die Probleme oft für die Fans sichtbar: Hendrix verbrannte einmal seine Gitarre auf der Bühne und schreib mit „Manic Depression“ einen Song, der sein Leid nicht nur metaphorisch beschreibt sondern schon im Titel wörtlich benennt, Amy Winehouse war bei ihren Shows häufig betrunken.
Natürlich sind nicht nur die Mitglieder des „Club 27“ betroffen, die Liste der Weltstars, die mit Alkohol, Drogen oder einem ganzen Medikamentencocktail im Blut tot aufgefunden wurden, ist endlos.
Stars sterben häufiger jung, die Psychologin Dianna Theadora Kenny kam 2014 zu dem Schluss, dass Stars im Schnitt 25 Jahre kürzer leben als die Durchschnittsbevölkerung. Auffällig waren in ihrer Studie besonders die Rate bei den unnatürlichen Todesfällen: Bei Popmusikern lag die Unfalltodesrate 2014 bei 12,2%, die Suizidrate bei 4,6% und die Mordrate bei 4,9%. Zum Vergleich: In der Durchschnittsbevölkerung starben 5,01% der Menschen bei Unfällen, 1,59% an Suizid und 0,7% an Mord.
Eine weitere Studie aus Großbritannien hat ergeben, dass Musiker:innen deutlich häufiger an Depressionen und Angststörungen erkranken als Angehörige anderer Berufsgruppen: In Industrieländern erkrankt im Schnitt jeder Fünfte im Laufe seines Lebens an einer Depression, bei Musiker:innen ist es einer von drei.
Um dem Druck standzuhalten, greifen Künster:innen oft zu Drogen, und schlimmer noch, der Lebensstil Sex, Drugs, Rock ´n´ Roll wird zum Teil überhaupt nicht hinterfragt sondern gilt als erstrebenswert - auch hier werden eigentliche Probleme romantisiert.
„Drogen fanden ihren Weg in alles, was wir taten. Sie färbten unsere Sicht der Dinge bunt.“
Aber Drogen sind nicht immer nur ein letzter Ausweg: Viele Künstler:innen berichten, auf Trips kreativer arbeiten zu können, in den Zeiten des Psychedelic Rock sind ganze Alben unter chemischer Bewusstseinserweiterung entstanden. Bis heute hält sich die Annahme, dass der Einfluss von Drogen kreativer macht, obwohl es laut dem Neurowissenschaftler Prof. Dr. Michael Nitsche keine belastbaren Studien gibt, die das beweisen.
„Bei Psychostimulanzien konnte man zeigen, dass damit konvergentes Denken gefördert wird, also Denken in Schubladen entlang vorgegebener Stränge. Divergentes Denken dagegen wird eher nicht gefördert, sondern sogar möglicherweise vermindert. Dabei ist divergentes Denken wohl am ehesten das, was man landläufig unter Kreativität versteht.“
Auf der anderen Seite sind aber verschiedene Studien zu dem Schluss gekommen, dass Drogenkonsum auf Dauer psychisches Leiden begünstigen oder sogar hervorrufen kann. Das liegt nicht nur am Beschaffungsdruck, der bei Abhängigkeiten entsteht, sondern auch daran, dass Drogen Einfluss auf Vorgänge im Gehirn haben. So steht Marihuana im Verdacht, Psychosen auszulösen, bei Kokain stehen auf der Liste der möglichen Folgen unter Anderem Schlafstörungen, Depressionen und Angststörungen. Nicht zu vernachlässigen ist die Tatsache, dass viele Drogen schnell stark abhängig machen - auch Drogensucht ist eine psychische Krankheit.
Ein weiterer Belastungsfaktor, der bei Angehörigen der Musikbranche eine große Rolle spielt, sind Existenzängste, dass das die gesamte Branche betrifft, hat die Corona-Krise gezeigt. Aber nicht nur unvorhersehbare Krisensituationen rufen diese Ängste hervor, Angestellte beim Theater oder in Orchestern zum Beispiel müssen häufig jährlich bangen, ob ihr Vertrag verlängert wird, wenn Musiker:innen für ihre Tour nicht ausreichend Tickets verkaufen, kann es passieren, dass der Veranstalter absagt. Solche Situationen erhöhen den Druck, unter dem die Betroffenen stehen. Und die meisten Künsler:Innen arbeiten eben nicht in einer Festanstellung mit einem geregelten Tagesablauf und können sich auf ein festes Monatsgehalt verlassen.
Das Leben eines Rockstars hat sicher seine Vorzüge, aber ist auch mit enormem Druck verbunden. Ob ein solches Leben jetzt aber erstrebenswert ist oder nicht? Ansichtssache.
Mask off
Der Abspann: Das sind die Mitwirkenden
Mele
Mele heißt eigentlich Marlene und ist Singer-Songwriterin aus Stuttgart. Nach ihrem Abitur hat sie in Osnabrück am Institut für Musik Popgesang mit Klavier und Bass im Nebenfach studiert und war bereits währenddessen Teil von verschiedenen Musikprojekten und hat sich unter Anderem an englischer Soulmusik versucht.
"Das ist ein Job für den man richtig bluten muss, also da man muss man schon dran glauben, sonst macht's keinen Spaß."
Anfangs sind die Songs der Künstlerin häufig aus einzelnen Wörtern oder Sätzen entstanden, seit den letzten Releases fühlt sie sich mit ihrer Musik aber persönlicher und autobiografischer und nutzt das Songwriting auch als Ventil, wenn es ihr nicht gut geht.
Celina
Celina ist Künstlerinnenmanagerin in Berlin und betreut selbstständig ausschließlich FLINTA-Acts. Hinter dieser Entscheidung steht der Wunsch, die Musiklandschaft diverser zu gestalten- auch, weil ihr bei ihrem ehemaligen Arbeitspartner die Diversität gefehlt hat.
"Ich glaube, diese alte-weiße-Männer-Musikindustrie muss erstmal aussterben, so hart das klingt"
Mit Musiker:innen arbeitet Celina schon seit einigen Jahren eng zusammen: Zuerst im Rahmen eines Freiwilligendienstes bei der hauseigenen Bookingagentur der Popakademie Mannheim, im Anschluss als Auszubildende zur Kauffrau für audiovisuelle Medien bei Neubau Music in Berlin und seit einigen Monaten in ihrer Selbstständigkeit.
Mayberg
Mayberg ist Singer-Songwriter und hat im letzten Jahr seine ersten Festivals gespielt, dieses Jahr begleitet er Alligatoah auf seiner Tour als Support. Außerdem hat er für März sein erstes Album angekündigt und geht im April und Mai selbst auf Tour.
"Was ich sehr schön fände, wäre wenn Leute sich mehr akzeptieren und sich nicht schämen für Sachen, die sie vielleicht sind."
2019 ist er nach Leipzig gezogen und macht seither Musik in Vollzeit.
Seine Songs entstehen aus Gedankenfetzen, die er sich in einer Notiz-App aufschreibt und dann später zu Geschichten ausbaut- manchmal muss er sich zwingen zu schreiben, manchmal passiert´s einfach.
Lukas
Lukas hat bereits parallel zum Abitur in Esslingen am Neckar ein Vorstudium an der Hochschule für Musik und darstellende Künste begonnen, an der er bis jetzt Jazz-Saxophon mit Komposition im Nebenfach studiert. Mit dem Lukas Wögler Quartett und weiteren Combos ist er regelmäßig auf Tour und unterrichtet sein Instrument nebenher an einer Stuttgarter Musikschule.
"Man muss in einem Umfeld sein, in dem man gefordert und gefördert wird."
Schon als Kind konnte er bei den Jazz Juniors Baden-Württemberg, im Landesjugendjazzorchester und in der BigBand seiner Schule Erfahrungen sammeln und Kontakte knüpfen. Ein gutes Netzwerk zu haben ist für ihn ein wichtiges Werkzeug für seinem Beruf.
Daniela
Daniela Meta ist familiär bedingt bereits als kleines Kind mit Musik ihn Kontakt gekommen und hat früh verschiedene Instrumente gelernt. Nach der Schule begann sie ein Gasthörer-Studium in Stuttgart, dass sie aber abbrechen musste, weil sie mit dem österreichischen Schlagerduo Brunner & Brunner als Backgroundsängerin auf Tour ging. Später widmete sie sich mit verschiedenen Bands ihrer eigenen Musik.
"Mit der Mädelstruppe, da waren wir der Chef, da hätte mal einer lachen sollen. Die Veranstalter sind uns zu Füßen gelegen."
Heute verdient sie ihr Geld mit einem Job außerhalb der Musikindustrie und genießt es, auch mal ein Wochenende zuhause verbringen zu können und musikalisch nur noch das zu machen, worauf sie selbst Lust hat.
Deborah
Deborah Maier hatte schon während ihrer Schulzeit ein ausgeprägtes Interesse an Musik und Theater. Nach ihrem Studium war sie sieben Jahre lang als Operndramaturgin an drei verschiedenen Theatern Teil der Musikindustrie. Sie musste die Branche allerdings verlassen, weil sich die prekären Arbeitsbedingungen nicht mit ihren persönlichen Vorstellungen und Bedürfnissen gedeckt haben.
"Nur weil jemand vielleicht ein bisschen introvertierter ist, darf der nicht Nachteile haben in der Bezahlung."
Schon als Kind hatte sie Klavierunterricht, besuchte später in der Schule die Theater-AG und hatte Musik als Leistungskurs. Sie studierte Theaterwissenschaften und Philosophie in München und Berlin und entdeckte im Zuge dessen das Musiktheater als Leidenschaft.
Udo
Udo Dahmen ist künstlerischer Direktor und Geschäftsführer der Popakademie Baden-Württemberg, einer Hochschule für Musikwirtschaft, Kreativwirtschaft und Populäre Musik in Mannheim.
Die Schule hat er als Gründungsdirektor mit aufgebaut und in den letzten 20 Jahren zu dem entwickelt, was sie jetzt darstellt.
"Das Entscheidende ist die eigene Persönlichkeit zu entwickeln und vor allen Dingen originell zu sein."
Dahmen hat 25 Jahre lang als Schlagzeuger mit seiner Musik Geld verdient und parallel dazu zwei private Musikschulen betrieben, außerdem war er an der Musikhochschule Hamburg als Dozent tätig. Sein erstes Konzept für eine Hochschule für populäre Musik entstand bereits 1985.
Vielen Dank an…
…alle Interviewpartner:innen:
Mele
Celina Spanier
Lukas Wögler
Mayberg
Daniela Meta
Deborah Maier
Udo Dahmen
Katharina Schmidtmann
…meine Betreuer:
Prof. Maximilian Richter
Prof. Jürgen Christ
…meine Unterstützung beim Drehen:
Lora Ganeva
Julia Kesch
Es hat Spaß gemacht, mit Euch zusammenzuarbeiten!